Stadt der Fotografinnen. Frankfurt 1844 – 2024
29. Mai 2024 – 22. September 2024
Frankfurt zieht seit Erfindung der Fotografie Fotografinnen an, die regionales, nationales und internationales Wirken vorzuweisen haben. Über den Dialog der Werke von rund 40 Fotografinnen bilden sich generationenspezifische, aber auch immer wiederkehrende Auseinandersetzungen mit gesellschaftlichen Themen und Fotogattungen heraus. Der urbane Raum wird dabei als sozialer, politischer und kultureller Ort ins Bild gesetzt und ist zugleich Motor wie Zielpunkt fotografischer Aktivität und Kreativität.
Die enge Beziehung von Fotografie und Stadtbild zeigt sich in motivischer und inhaltlicher Vielfalt: vom Bildjournalismus über die Architektur-, Mode- und Theaterfotografie bis hin zu künstlerischen Fotokonzeptionen. Sie verdeutlicht sich durch die Frankfurter Theater- und Illustriertenfotografinnen Nini und Carry Hess, durch die Architektur- und Gesellschaftsfotografinnen Ilse Bing und Ella Bergmann-Michel in der Weimarer Republik genauso wie durch Gisèle Freund im Bereich des Gesellschaftsporträts und der Fototheorie.
Frankfurts Entwicklung zur internationalen Großstadt seit der Industrialisierung ist eng verknüpft mit der Entwicklung des Mediums Fotografie, aber auch der gesellschaftlichen wie künstlerischen Emanzipationsgeschichte von Fotografinnen. Frankfurt als künstlerisches, berufliches und lebensweltliches Schaffenszentrum der Fotografinnen war und ist dabei viel mehr als eine zufällige Koinzidenz des Orts: Hier entstehen bis heute vielfältige Ausbildungs-, Arbeits- und Wirkungsmöglichkeiten für sie; aber auch die Stadt als fotografisches Objekt verbindet ihre Werke. Die Wirkungsfelder der Fotografinnen und Fotokünstlerinnen decken alle Genres des fotografischen Mediums ab, vom Bildjournalismus über die Architektur-, Mode-, Porträt- und Theaterfotografie bis hin zu künstlerischen Fotokonzeptionen. Viele in ihrer Zeit bekannte Fotografinnen sind aber bisher kaum in der breiten Öffentlichkeit gewürdigt worden. Im Historischen Museum Frankfurt (HMF) wird deshalb die gesamte Sonderausstellungsfläche von 1.000 m² für ihre Werkschau mit rund 450 regionalen, nationalen und internationalen Exponaten bespielt.
Die Ausstellung präsentiert chronologisch Frankfurter Fotogeschichte unter besonderer Berücksichtigung des fotografischen Wirkens von Frauen. Frühe Fotopionierinnen wie Julie Vogel sind ab den 1840er Jahren in Frankfurt tätig. In der Kaiserzeit entstehen die ersten selbständig von Frauen geführten Fotoateliers, wie von der Porträt- und Theaterfotografin Katharina Culié. Durch das „Neue Frankfurt“ in den 1920er Jahren wird kultureller und gesellschaftlicher Wandel vorangetrieben, von dem unter anderen die Fotografinnen Grete Leistikow, Jeanne Mandello und Ilse Mayer Gehrken beeinflusst werden. Emanzipation und Aufbruch stehen neben Exil und Zerstörung – hier werden weitere Werke von Ilse Bing, Emy Limpert, Elisabeth Hase, Hannah Reeck und Marta Hoepffner präsentiert. Die Fotokunst der Nachkriegszeit bestimmten nachdrücklich Hoepffner und ihre Lebensgefährtin Irm Schoffers mit ihrem Werk. Besonders mit der 1968er-Generation ist die Stadt geprägt vom fotodokumentarisch einzigartigen Stil Barbara Klemms, Erika Sulzer-Kleinemeiers, Inge Werths, Gerda Jäger-Links, Digne Meller Marcovicz‘ oder Abisag Tüllmanns. Ab der Nachkriegszeit spielen auch die Themen Mode, hier dargestellt durch das Werk von Lilo Gwosdz, und Architektur im Schaffen zahlreicher Fotografinnen eine Rolle. Das im Wandel befindliche Stadtbild ist bis heute im Fokus, so im Werk von Ursula Edelmann, die besonders den fotografischen Blick auf die 1950er Jahre prägt. Das setzt sich in der jüngeren Fotografie ab den 1980er Jahren fort, etwa durch Laura Padgett mit ihren fotokünstlerischen Untersuchungen historischer Bauten oder Meike Fischer mit einem gesellschaftspolitischen Blick auf aktuelle Neubauprojekte. Verdiana Albano hingegen fokussiert aktuell den städtebaulichen Wandel in globaler Perspektive. In Angewandter Fotografie und Fotokunst gehen Mara Eggert, Annegret Soltau, Gabriele Lorenzer, Gisa Hillesheimer oder Irene Peschick schon seit den 1960er Jahren vielfältige neue Wege. Susa Templin, Christiane Feser und Sandra Mann sind seit den 1990er Jahren in der internationalen Ausstellungs- und Fotoszene vernetzt. Die künstlerische Ausbildung von Fotografinnen an der HfG Offenbach sowie der Städelschule zeigen nicht zuletzt, dass sich Frankfurt von einem Zentrum der Pressefotografie nach 1945 zu einem Ort der Fotokunst der Gegenwart entwickelt hat. Das verdeutlichen die vielfältigen Werke von Ana Paula dos Santos, Lilly Lulay, Laura Schawelka, Aslı Özdemir und Wagehe Raufi.
Die soziale, politische und künstlerische Dimension der Werke und Lebenswege der Fotografinnen wird durch Diskussionsveranstaltungen und Artists Talks im reichen Begleitprogramm thematisiert. Eine Filmreihe in Kooperation mit dem Filmmuseum des Deutschen Filminstituts in Frankfurt nimmt die Wechselwirkung von Fotografie und Film in den Blick und bringt Filmbiografien der Fotografinnen einem breiten Publikum näher.
Projektleitung
Dorothee Linnemann
dorothee.linnemann[at]stadt-frankfurt.de
Kuratorinnen
Katharina Böttger, Dorothee Linnemann, Ulrike May, Christina Ramsch, Bettina Schulte Strathaus
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Noah Nätscher
noah.naetscher[at]stadt-frankfurt.de
Förderer und Kooperationspartner
Förderung:
Art Mentor Foundation Lucerne
Kulturfonds Frankfurt RheinMain
Kulturstiftung der Länder
Speyersche Hochschulstiftung
Freunde und Förderer HMF
Richard Stury Stiftung
Kooperation:
Frauenreferat der Stadt Frankfurt
DFF - Deutsches Filmmuseum Frankfurt
Ray Fotofestival 2024