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Im Inneren des Rententurms erschließt sich Besucher*innen ein historischer und aktueller Rundblick auf das Leben am Main.

Im Untergeschoss wird der Fluss thematisiert. Fotografien und Filme aus dem 19. und 20. Jahrhundert zeigen zusammen mit Lichtmarken die Hochwasserstände. Im Geschoss darüber, dort, wo sich seit Ende des 15. Jahrhunderts das „Rentamt” befand, ist die Frankfurter Wirtschafts- und Handelsgeschichte Thema. Anhand von anschaulichen Objekten entsteht ein lebendiger Eindruck von der Verbindung zwischen Hafen und Handel, Zoll- und Steuerabgaben sowie den Tätigkeiten im Rentamt.

Im ersten Obergeschoss ist die Uhrenstube zu sehen. Die Uhr tickt laut und gibt den „Takt” im ganzen Geschoss an. Das oberste frei zugängliche Geschoss bietet die allerschönste Aussicht auf die Umgebung und das gegenüberliegende Flussufer. Was liegt also näher, als sich hier mit der „Schönen Aussicht”, dem Öffnen der Stadtmauern bzw. der Entgrenzung der Stadt, den Sachsenhäuser Gartenhäusern des 18. und 19. Jahrhunderts zu befassen. Durch vier Bildfernrohre in alle vier Himmelsrichtungen auf den Brüstungen der Empore können die Ansichten aus den Fenstern mit denselben Perspektiven aus den letzten drei Jahrhunderten verglichen werden.

Frankfurt verdankt seine Entstehung und Entwicklung der günstigen Lage am Fluss.

Mit seinem Fischreichtum war der Main eine wichtige Nahrungsquelle für die Stadtbewohner*innen, bot aber gleichzeitig Schutz vor Angreifern. Außerdem war der Wasserweg eine sichere Verbindung in die Welt und eine wichtige Handelsstraße. Furten, seichte Stellen, an denen das Wasser nicht tiefer war als ein Meter, führten bei Frankfurt durch den Main. Dort konnte man den flachen, langsam fließenden Fluss leicht durchqueren. Erst in der Stauferzeit wurde eine Brücke gebaut und mit der Stadtmauer verbunden.

Der Rententurm wurde von 1454 bis 1456 als Teil einer späteren Stadtbefestigung erbaut. Er sollte das Kommen und Gehen in die Stadt kontrollieren und das Kassieren der Zölle ermöglichen. Der Hafen am Ufer vor dem Rententurm war das wirtschaftliche Zentrum der Stadt. Hier wurden alle Arten von Waren angelandet und direkt am Ufer oder auf den Märkten in der Nähe verkauft.

Der Fluss konnte für die Stadtbewohner*innen jedoch auch gefährlich werden: heftige Überschwemmungen bedrohten regelmäßig die Stadt. Im Winter fror der Main oft zu. Dann konnte Eisgang die Brücke zerstören und den Schiffsbetrieb behindern. Auch Niedrigwasser kam oft vor. Ab 1883 wurde der Fluss reguliert, begradigt, ausgebaggert und mit Staustufen versehen. Die Ufer im Stadtgebiet hatte man bereits seit den 1820er Jahren mit neuen Kaianlagen befestigt.

Der Rententurm ist ein viergeschossiger Torturm auf quadratischem Grundriss mit Spitzhelm und vier Erkertürmchen. Er wurde 1454 bis 1456 durch Eberhard Friedberger erbaut.
Der Turm ist Teil des Ensembles des Saalhofs, der staufischen Kaiserpfalz aus dem 12. Jahrhundert. Zur Bauzeit des Rententurms befand sich der Komplex nicht mehr in kaiserlichem, sondern in privatem Besitz. Er diente einerseits zum militärischen Schutz des Fahrtors, andererseits zur Erhebung von Zöllen und Hafengebühren. Im Keller des Turms befand sich zeitweise das Stadtgefängnis, das sich allerdings bei vom Main ausgehenden Überschwemmungen mit Wasser füllte. Im Innenraum befand sich die holzgetäfelte Rentenstube im ersten Stock. Der große Saal im Dachgeschoss, 1455 durch den Zimmermeister Henze Monkeler geschaffen, galt als einer der schönsten Aussichtsplätze in Frankfurt.

1715-17 entstand nach Plänen des Arnsburger Zisterzienserpaters Bernhard Kirn anstelle der Flussmauer der barocke Bernusbau als Stadtpalast einer niederländischen Kaufmannsfamilie. Das Bauwerk bildet seitdem das unmittelbare Nachbargebäude des Rententurms.
Der Turm verlor durch Anhebung des Mainufers im 19. Jahrhundert etwa drei Meter seiner sichtbaren Höhe. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte der Schriftsteller Fritz von Unruh in dem Turm. Im Zweiten Weltkrieg brannte der Turm teilweise aus, das markante Dach mit seinen Zinnen wurde zerstört und das Uhrwerk ging verloren. Nach dem Krieg wurden die beschädigten Teile originalgetreu wiederaufgebaut. Ein passendes Uhrwerk wurde allerdings erst im Jahre 2012 wieder eingebaut.
Der Rententurm ist einer von nur drei erhaltenen Tortürmen der gotischen Stadtbefestigung, die anderen beiden sind der bekannte Eschenheimer Turm (1428) sowie der Kuhhirtenturm (1490) auf der linken Mainseite.
Das Foto zeigt zwei Hände an den Uhrzeigern der Rententurm-Uhr.
Mit allen Sinnen tasten hoch CC-BY-SA 4.0: HMF, Foto: Stefanie Kösling
Das Foto zeigt zwei Hände an den Uhrzeigern der Rententurm-Uhr.

Zeit spielt im Rententurm eine wichtige Rolle. Die Uhr an der Südseite des Rententurms zeigt den Passant*innen auf dem Eisernen Steg die Uhrzeit an.

Auf alten Ansichten wird das Aussehen des Rententurms wesentlich geprägt von den beiden großen schwarzen Zifferblättern der im Turm eingebauten Uhr. Im Rahmen der Renovierung der Altbauten des Museums wurde die Uhr restauriert, um dem Rententurm sein charakteristisches Gesicht zurück zu geben. Inwiefern eine Rekonstruktion der Uhr überhaupt möglich sein würde, war nicht von Anfang an sicher. Zwar hatten sich Zifferblätter und Zeiger der Uhr im Bestand des HMF erhalten, das Uhrwerk allerdings war während des Krieges verloren gegangen.

Da fügte es sich gut, dass das Historische Museum in den neunziger Jahren ein Uhrwerk erworben hatte, das in der Kaserne östlich der Friedberger Warte gestanden hatte und dem Museum vor dem Abzug der Amerikaner und dem Abriss der Kaserne zum Kauf angeboten worden war. Die Uhr befand sich in einem desolaten Zustand, erfüllte aber, wie der zuständige Restaurator Reinhard Glasemann bald feststellte, die Voraussetzungen für einen Einbau in den Turm. Sie hat die richtige Größe um die mächtigen vergoldeten Zeiger zu bewegen. Zudem hat sie als Kasernenuhr kein Schlagwerk, wird also dem Stundenschlagen vom Römer, vom Dom und von der Dreikönigskirche keine Konkurrenz machen. 1937 von der Firma Korfhage ausgeliefert, verfügt sie schon über einen elektrischen Aufzug, so dass weder Museumsmitarbeiter*innen noch Nachtwächter*innen täglich das Uhrwerk manuell aufziehen muss, was den praktischen Betrieb im Rententurm möglich macht. Sie ist dort als ein attraktiver Teil der ständigen Ausstellung „bei der Arbeit” zu besichtigen.


Bevor die Uhr im Rententurm eingepasst werden konnte, musste das Uhrwerk aufwendig restauriert werden. Dazu wurde es in seine hunderte von Teilen zerlegt, jede Platine, Welle, Schraube, Palette, jedes Lager und jeder Vorsteckstift wurden gereinigt, wo nötig repariert oder ausgetauscht, um die geforderte Zuverlässigkeit und Genauigkeit des Ganges zu gewährleisten. Das Aussehen der Uhr ist nach gründlicher Reinigung und vorsichtigen Retuschen so, dass der Eindruck einer nicht mehr neuen, aber gepflegten Maschine entsteht, die nach Einstell- und Regulierungsarbeiten beim Probelauf in der Metallrestaurierungswerkstatt des Museums, satt und zufrieden vor sich hin tickt.
Im April 2012 wurden die Zifferblätter der Rententurmuhr an der West- und der Südseite des Turms angebracht. Eines der Blätter wurde restauriert und eines nachgebaut. Nach der Montage fehlten noch die Zeiger. Die Zifferblätter der Uhr stammen aus dem 19. Jahrhundert und gehören zum Bestand des HMF. Um die Zifferblätter wieder an ihrem Platz zu befestigen, war eine Belegschaft von knapp 10 Personen nötig. Mit einem Kranwagen — der Baumkolonne des Grünflächenamtes— wurden die 1,72 Meter großen und rund 80 Kilogramm schweren Teile nach oben transportiert und mit kräftigen Dübeln befestigt. In schwindelerregender Höhe verrichtete Restaurator Reinhard Glasemann dabei seine Arbeit. Jetzt strahlen die vergoldeten römischen Ziffern wieder in der Frühlingssonne.
 
Das Foto zeigt mehrere Personen im Rententurm, an der linken Wind ist eine Hochwassermarke zu sehen.
Führung im Rententurm
Mathias Merian der Ältere Die Steinerne Brücke zu Frankfurt im Jahr 1646
Kupferstich von Mätthäus Merian d.Ä. mit der Steinernen Brücke 1646 CC-BY-SA 4.0: HMF, Foto: Horst Ziegenfusz
Das Foto zeigt mehrere Personen im Rententurm, an der linken Wind ist eine Hochwassermarke zu sehen. Mathias Merian der Ältere Die Steinerne Brücke zu Frankfurt im Jahr 1646

Direkt neben dem Rententurm lag das Fahrtor. Es war jahrhundertelang die wichtigste Frankfurter Zollstätte.

Sämtliche Waren, die auf dem Flussweg nach Frankfurt gelangten oder die Stadt passierten, mussten hier verzollt werden. Außerdem wurden am Fahrtor auch die vom Rentamt erhobenen indirekten Steuern und Abgaben entrichtet. Sie betrafen vor allem die Ein- und Ausfuhr jeglicher Handelsgüter. Das wichtigste davon war der Wein, der in großen Holzfässern angeliefert wurde. Weitere steuerpflichtige Güter waren andere Getränke, Getreide, Feldfrüchte und gesalzener, das heißt haltbar gemachter Fisch.

Die Einnahmen des Rentamtes wurden in einer großen eisenbeschlagenen Kiste gesammelt. Daher nannte man die damit betrauten Ratsherren seit 1383 auch die „Kistenherren“. 1489 bezogen die Kistenherren zusätzlich zu ihren Räumen in der Fahrpforte eine Stube im Rententurm. Die Beaufsichtigung führte, wie das gesamte städtische Finanzwesen, das Rechneiamt durch. Dessen Anfänge reichen bis zum Beginn der städtischen Selbstverwaltung im 14. Jahrhundert zurück. Das erste Rechenbuch wurde 1348 angelegt. Es dokumentierte sämtliche Einnahmen und Ausgaben der Stadt.

 
Ungeld, Steinfuhr und Niederlage

1383 wurden im Gesetzbuch der Stadt erstmals die Abgaben aufgelistet, die von den Kistenherren erhoben wurden. Dazu gehörte das Ungeld, eine Verbrauchssteuer auf Wein, Salz und verschiedene Lebensmittel, die vom Verkäufer entrichtet werden musste. Bei der Einfuhr von Wein, Bier etc. wurde zusätzlich die sogenannte „Niederlage“ fällig, bei der Ausfuhr nannte man die entsprechende Abgabe „Steinfuhr“ – denn ursprünglich hatten die Fuhrleute für jedes Fass Wein eine Ladung Steine für das städtische Bauamt fahren müssen. Hinzu kamen Abgaben für die Benutzung des Hafenkrans (Krangeld) und später auch das Brückengeld. Die genaue Höhe der Abgaben wurde 1727 während des Frankfurter Verfassungskonfliktes von kaiserlichen Kommissaren festgelegt und in einer gedruckten Taxordnung veröffentlicht. Die eingenommenen Zölle wurden in Büchsen gesammelt und einmal pro Woche ins Rechneiamt gebracht. Weitere Zollstellen waren an der Alten Brücke, am Affen-, Allerheiligen-, Friedberger, Eschenheimer und Bockenheimer Tor. Zu Messzeiten kamen am Mainufer noch das Leonhardstor und das Metzgertor hinzu.
 

Hochwasser

Das schlimmste Hochwasser des letzten Jahrtausends erlebte Frankfurt am St. Magdalenentag, dem 22. Juli 1342. Für das Fahrtor in Frankfurt ist ein Pegelstand 25 Fuß rheinisch, entsprechend heute 7,85 m überliefert. Das Stadtgebiet war weithin überflutet. In der Weißfrauenkirche (ehemalige Lage: Hirschgraben Ecke Berliner Straße) stand das Wasser sieben Schuh hoch, etwa zwei Meter. Die Hochwassermarke stammt aus diesem heute nicht mehr erhaltenen Gotteshaus.

Auf dem Gemälde von Friedrich Wilhelm Hirt erblicken Besucher das Mainufer unter den Fenstern des Rententurms, wie es um 1700 gewesen sein könnte.
Sie sehen Szenen geschäftigen Treibens an der breitesten und belebtesten Stelle des nördlichen Mainufers. Hier legten die reich mit Waren beladenen Schiffe an, es wurde aus- und eingeräumt. Pferde zogen Fuhrwerke, auf denen Holzfässer, Säcke und Ballen transportiert wurden. Auf dem Main fuhren Segelschiffe, Motoren waren noch nicht im Einsatz. Ein Fährschiff bringt Personen und Ware von einem zum anderen Ufer. Große Schiffe wurden auch von Pferden auf Pfaden am Ufer gezogen.

Auf dem Gemälde versammelt der Maler Arbeiter, Kaufleute und hochgestellte Personen, erkennbar an ihrer Kleidung und den Tätigkeiten, die sie ausüben. Ganz oft sind sie im Gespräch gezeigt: zwei junge Frauen in leuchtend farbigen, bodenlangen Kleidern mit Spitzen besetzt, plaudern angeregt. Ein Magd mit einem Baby auf dem Arm erklärt einem jungen Mann in einfacher Kleidung etwas. Kaufleute verhandeln, Arbeiter koordinieren ihre Arbeit. Es sind heitere kleine Szenen voller Leben und Beredsamkeit. Der Maler hatte nicht den Anspruch die Realität wiederzugeben, vielmehr schuf er eine idealisierte Darstellung.

Friedrich Wilhelm Hirt (1721—1772) war für seine kunstvoll aufgeführten, kleinfiguren Staffagen berühmt. Damit hatte er schon vor dem Auftrag für das Bild "Das Mainufer am Fahrtor" die Betrachter beeindruckt. Stets waren es großformatige Landschaftsbilder, die er damit anreicherte. Und so sind auch auf dem Frankfurt-Panorama wie bei einem Wimmelbilderbuch viele freundliche Szenen zu entdecken. Das Gemälde wurde bei Hirt von Herzog Anton Ulrich von Sachsen-Coburg-Meiningen in Auftrag gegeben. Es sollte ihm in Meiningen, wo er residierte, das bunte Frankfurter Leben vor Augen führen. Möglicherweise erkannte er in den Gesichtern und Typen der Frankfurter Gesellschaft, die in dem Bild geschildert wird, einzelne Personen und Persönlichkeiten wieder. Für heutige Betrachter*innen ist in dem Bild das Leben in der Stadt am Main im 18. Jahrhundert festgehalten. Es ist ein Glück, dass der Herzog es in Auftrag gab, denn Hirt malte für ihn keine realisitsche Ansicht vom Franfurter Mainufer, sondern er fügte in seiner Komposition Außergewöhnliches und Bedeutendes zusammen. Schon das Format deutet auf seine Bedeutung hin: es ist die größte Ansicht von Frankfurt am Main, die im 17. und 18. Jahrhundert gemalt wurde. Der Maler griff bei seinem Werk weder den bereits geprägten Blick von Westen noch den ebenfalls gewählten Blick von Osten auf. Nur der ungewöhnliche, einzigartige Blick nach Süden, erlaubte es Hirt, den Warenumschlagplatz am Hafen seiner Bedeutung gemäß festzuhalten. Er weitete den Raum am Fahrtor zu einer Bühne aus. Sie bietet die Kulisse für die Darstellung der Gewohnheiten der Zeit.