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Häftlingsmantel, aufgenäht ein roter Winkel und Häftlings-Nr. 107 006

Dr. Ryszard Kojer wurde im September 1944 mit tausend anderen Menschen aus Warschau von der SS in das KZ „Katzbach“ in den Adlerwerken verschleppt.

„Vom Augenblick des Abbiegens von der Straße in das Fabrikgelände durch teilweise zerstörte oder ausgebrannte Gebäude und Hallen begann das Schlagen und Treten. Das war der Anfang.“ Zygmunt Kaczmarski und Ryszard Kojer schrieben als Überlebende 1985 ihre Erinnerungen an das Konzentrationslager in Frankfurt auf.

Die Adlerwerke im Gallusviertel waren der größte Rüstungsbetrieb in der Stadt, unter anderem wurden hier Fahrgestelle für Schützenpanzer hergestellt. Zwischen August 1944 und März 1945 richtete die SS hier auf Drängen der Werksleitung ein Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof im Elsass mit dem Decknamen „Katzbach“ ein. 1.600 Menschen waren hier interniert. Die meisten waren im Zusammenhang mit dem Aufstand der polnischen Untergrundarmee in Warschau 1944 zunächst nach Dachau, dann weiter nach Frankfurt deportiert worden. Als „politische Schutzhäftlinge“ mussten sie zur Kennzeichnung einen roten Winkel auf ihre Häftlingskleidung aufnähen. Unter Schikanen und menschenunwürdigen Bedingungen wurden die Häftlinge in den Fabrikhallen zur Arbeit für die Rüstungsindustrie gezwungen. 528 von ihnen überlebten die systematische Verelendung nicht. Ihre eingeäscherten Leichen wurden zunächst auf dem Gelände des von der Stadt beschlagnahmten jüdischen Friedhofs verscharrt. 1948 wurde für sie eine Grabstätte auf dem Hauptfriedhof angelegt. Eine große Zahl der Häftlinge kam um während die SS die Häftlinge kurz vor Eintreffen der US-Armee in andere Konzentrationslager „evakuierte“. Nur ein kleiner Teil von ihnen überlebte den Bahntransport nach Bergen-Belsen und den sogenannten „Todesmarsch“ nach Buchenwald.

Der Warschauer Apotheker Dr. Ryszard Kojer hat seinen Häftlingsmantel 1991 dem Verein KZ-Gedenkstätte Sandhofen in Mannheim geschenkt. Der Verein hat den Mantel als Dauerleihgabe an das Historische Museum übergeben.